Stenkelfeld - Auf dem Postamt

Stenkelfeld Auf dem Postamt

Holkenkötter:

Knödeltröten!

Reporter:

Moderne Computertechnik vereinfacht neuerdings auch den Kundendienst hier im Hauptpostamt Stenkelfeld.

Holkenkötter:

Röhernklöten!

Reporter:

Am Schalter 1 bedient Hermann Görtemöller seit letzter Woche eines der neu installierten Terminals für den allgemeinen Postdienst.

Holkenkötter:

Möffgenmölken!

Reporter:

Herr Görtemöller, wie wird die neue Arbeitsweise vom Kunden denn aufgenommen?

Görtemöller:

Ja, äh, eigentlich im Ganzen gut, äh, in der Warteschlange sind im Laufe der letzten Woche einige doch recht enge Freundschaften entstanden. Ein kleines Problem haben wir noch bei den Auszahlungen vom Postsparbuch, nich, also da müssen sich die Kunden ein eigenes geheimes Passwort merken und uns das hier angeben, sonst lässt das System eine Auszahlung nicht zu.

Holkenkötter:

Sonst versuch doch mal mit Pröppkenkrögel, aber mit zwei p!

Görtemöller:

Ja, Sie hörens vielleicht selbst. Das ist unser Herr Holkenkötter, ein langjähriger treuer Sparkunde, der Mann ist 87 und Brillenträger, nich, und hat nun sein Passwort vergessen. Damit wären seine Spareinlagen praktisch verloren und das will er nun nicht wahrhaben, nich. Äh, Herr Holkenkötter, denken Sie noch mal ganz genau nach, wir haben nur noch einen Versuch, sonst ist alles weg.

Reporter:

Ja, äh, hoffen wir mal, dass dem alten Herrn sein Passwort doch noch wieder einfällt. Zweiter in der Reihe der Wartenden ist eine recht auffällige Person: Ungepflegter Bartwuchs, die langen verfilzten Haare hängen wirr auf das verstaubtes Jackett herab, der kleine hohlwangige Mann kauert zusammengesunken auf einer Wolldecke...

Görtemöller:

Ja, das ist Kammergerichtspräsident Möller, steht hier jetzt seit anderthalb Wochen an. Also das ist ja ein Skandal an sich, wie die Angehörigen ihn vernachlässigen, nej. Soweit ich mich erinnere, will er ein niedergelegtes Schriftstück abholen. Normalerweise kein Problem: Das erscheint hier auf dem Bildschirm, wird dann von Hand abgeschrieben, danach in die Zustellkladde umgetragen, abgestempelt und zusammen mit zwei Wertzeichen beidseitig hinter das Original geklebt, abgeheftet und gewogen, der perforierte Abschnitt mit Dienstsiegel und Ausgangsstempel beglaubigt und fertig ist die Laube, nich. Nun ist unsere neue EDV sehr gründlich und analysiert Listen über niedergelegte Schriftstücke auf den Namen Möller seit 1920, nich. Ja, dat kann im Einzelfall etwas dauern, aber andererseits: Wer hier nur ein paar Briefmarken kaufen will, ist schon nach 2 bis 3 Tagen wieder zu Hause.

Reporter: